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Johannes Wenk

Vor der neuen Pirchner-Orgel der Perchtoldsdorfer Spitalskirche

Als 1985 die Franz Schmidt-Orgel in der Pfarrkirche St. Augustin in Perchtoldsdorf gebaut wurde, war ich als 16-Jähriger sofort fasziniert von diesem Instrument. Ich hatte das Glück, von Beginn an hervorragende Orgellehrer zu haben: Robert Strecha, den Mitinitiator dieser Orgel, Wolfgang Glüxam und Thomas Schmögner. Durch die freundschaftliche Verbundenheit meiner Familie mit der r.k. Pfarrgemeinde war es mir möglich, so- zusagen „Tag und Nacht“ an der Orgel zu üben und – was noch wichtiger ist – im wahrsten Sinne des Wortes zu „spielen“: Registerkombinationen auszuprobieren, frei drauf los zu improvisieren, Orgelliteratur kennenzulernen. Dabei kam mir zugute, dass ich seit 1975 Klavier lernte und ab 1986 an der Wiener Musikuniversität Klavier (Instrumentalpädagogik bei Antoinette Van Zabner) studierte.

Musikalische Erfahrungen der anderen Art bescherte mir meine Zeit als Präsenzdiener bei der Gardemusik Wien, für die ich zwar eine Art Aufnahmeprüfung am (völlig verstimmten…) Klavier gemacht hatte, wo ich aber dann zu meinem Entsetzen nicht als Pianist im klassischen Salonorchester, sondern als Keyboarder in der Big Band eingesetzt wurde. Da es dort in den seltensten Fällen eine eigens notierte Keyboard-Stimme gab, lernte ich notgedrungen nach Akkordsymbolen zu spielen. Ich hatte bis dato noch nie etwas von „Swing“ (ternäre Achteln, notes inégales … wie auch immer), geschweige denn von EQ9- gehört… Diese prägenden Erfahrungen und das für mich außergewöhnliche Konzerterlebnis mit Donna Parker brachten mich auf die Idee, U-/Jazz-Musik der unterschiedlichsten Art ohne Berührungsängste auch auf der Orgel zu spielen. Die Suche nach einer optimalen Umsetzung auf die rein mechanische Pfeifenorgel finde ich spannend. Immer wieder bin ich überrascht und fasziniert, welch passende Klänge auf der Orgel möglich sind. Ganz abgesehen davon macht es mir schlichtweg Spaß! Es bereichert und belebt meine Auseinandersetzung mit der klassischen Orgelmusik: so manchen Satz einer Bach’schen Triosonate spiele ich seither noch tänzerischer und entdecke viele Parallelen in der Art des Musizierens selbst in der historischen Aufführungspraxis, die in Wien seit Anton Heiller und Nikolaus Harnoncourt gepflegt wird. Auch eine Prise Wiener Schmäh gehört zu meinem Musizieren dazu, worin mich mein Orgelstudium (Konzertfach) bei Peter Planyavsky bestärkte…

Schon als Kind wollte ich Musik, die mir gefiel, selbst spielen können. Also begann ich, Note für Note Melodien am Klavier nachzuspielen, von den Schlümpfen über die Biene Maya zu Wickie und zu Pumuckl & Co. So entstanden im Laufe der Zeit unzählige Versionen für Klavier, später eben auch für Orgel. Seit der Gründung des Kammerchores Salto Vocale 1990, damals noch „The PetersVillage Gospel Singers“, arrangiere ich auch für Chor (von Madrigal bis Pop).

Vielen meiner Schülerinnen und Schüler an der Perchtoldsdorfer Franz Schmidt-Musikschule bzw. am Diözesankonservatorium für Kirchenmusik der Erzdiözese Wien konnte ich durch Umschreiben ihrer Lieblingsmusik auf Klavier oder Orgel den Zugang zu ihrem Instrument erleichtern. Es ist mir ein großes Anliegen, diese Erfahrungen auch den Studierenden der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, die ich im Rahmen der Lehrpraxis unterrichte, weiterzugeben.

Und ganz besonders freue ich mich, wenn eins meiner Kinder zu mir sagt: „Papa, kannst du mir die Noten aufschreiben von“!

Foto: Vor der neuen Pirchner-Orgel der Perchtoldsdorfer Spitalskirche


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